Freitag, 15. April 2011

Erster Ausgang


Das Heizen hatte mir einen Sonderausgang beschert, Niemitz und Caspar hatten es beim Hauptfeld durchgedrückt. Somit war ich der erste von uns Springern der einen regulären Ausgang erhielt. Jeder von den älteren Diensthalbjahren meinte du musst ins Brettl gehen, da ist richtig was los, das ist die verrufenste Tanzbar von Erfurt. Freitag 18.00 Uhr war es soweit. Den Abend vorher hatte ich mein Ausgangshemd noch einmal gebügelt und meiner Ausgangshose eine akkurate Hosenfalte verpasst. Kurz vor dem Ausgang brachte ich die Ausgangsschuhe auf Hochglanz, säuberte meine Fingernägel und trabte zum Hauptfeld. Unteroffizier Hoffmann machte keinen großen Stress. Er wollte nur wissen ob ich meinen Wehrpass am Mann hatte, meinte, rücken sie ihre Krawatte gerade, drückte mir die Ausgangskarte in die Hand und sagte haun sie ab. Vor dem Kasernentor holte ich erst einmal tief Luft, eine freudige Erregung erfasste mein Gemüt, dann zog ich los und fuhr mit der nächsten Straßenbahn in die Innenstadt. Am Centrumwarenhaus stieg ich aus und bummelte erst einmal durch Erfurt. Ich suchte den Dom und lief durch die Fußgängerpassagen. Viele Häuser waren dem Verfall preisgegeben. Ein bisschen erinnerte mich das an die Dresdner Neustadt aber der Dom war beeindruckend. Von hier aus machte ich mich auf das Brettl zu suchen. Der Beschreibung nach konnte es nicht allzu weit sein. Nach einer halben Stunde stand ich davor und als Landser bekam man problemlos eine Eintrittskarte. Irgendwie verleitet es mich immer neu kennengelerntes mit bekannten aus meiner Heimatstadt zu vergleichen. Spontan zu diesem Domizil viel mir die Liga ein. Ich schlenderte durch die Räumlichkeiten und schaute mich erst einmal um. Mir viel eine Hochzeitsgesellschaft auf. Während ich noch darüber nachdachte ob ich meine Hochzeit in solchen Räumlichkeiten feiern würde, kam die Braut auf mich zugesaust rief, Soldat tanzt du mit mir? Peinlich berührt sagte ich zu ihr, willst du nicht erst einmal mit deinem Bräutigam tanzen? Ach was meinte sie mit dem kann ich noch ein Leben lang tanzen. Für meinen Geldbeutel war es jedenfalls gut, denn der Bräutigam meinte, komm mit ran an die Tafel. Kurz nach 23.00 Uhr machte ich mich auf den Rückweg, denn 24.00 Uhr musste ich in der Kaserne sein. Ich stand vor dem Lokal und knüpfte meinen Mantel zu, da hörte ich jemanden laut um Hilfe schreien. Verwundert schaute ich mich um, wo der Hilferuf herkam. Da sah ich an der nächsten Straßenecke wie zwei Gestalten auf eine dritte Person einschlugen. Sofort rannte ich hin, als die zwei Typen mich in meiner Uniform heranstürmen sahen, ließen sie von dem armen Kerl ab und rannten davon. Gleichzeitig mit mir traf noch eine weitere Person bei dem Opfer ein. Genau in dem Moment als wir ihn erreichten brach er zusammen. Aus Nase, Ohren und Mund lief Blut. Ansprechbar war er auch nicht mehr. Wir brachten ihn in die stabile Seitenlage. Ich sagte zu meinem Helfer, ich renne mal zum nächsten Telefon um Arzt und Polizei  zu verständigen. Vom Brettl aus rief ich an und ging zurück zum Tatort. Dort fragte mich meine Helfer, sie sind wohl kein Polizist, wenn sie die Polizei anrufen müssen? Erstaunt fragte ich ihn, wo kommen sie denn her? Aus der BRD, antwortete er. In zwischen war Krankenwagen und Polizei vor Ort eingetroffen. Der Verletzte wurde abtransportiert, mein Helfer hatte Angst vor der Polizei und sagte hoffentlich tun die mir nichts. Ach was meinte ich, dafür das sie in der DDR zu Besuch sind, bestraft sie doch niemand und für ihre Hilfe muss man ihnen dankbar sein. Er machte seine Aussage bei der Polizei, die schrieben sich seinen Aufenthaltsort auf und er durfte gehen. Die Polizei fragte mich ob ich bestätigen könnte das er mit mir am Tatort eingetroffen war, ich nickte. Der Polizist sagte zu mir, seien sie bitte so nett und geben sie die Geschehnisse auf dem Polizeirevier zu Protokoll. Sie nahmen mich mit auf das Revier. Unterwegs bat ich sie, die Kaserne zu verständigen, da ich zu spät aus dem Ausgang zurück wäre. Kein Problem, das machen wir. Nach meiner Aussage, musste ich auf die Kettenhunde ( Militärpolizei ) warten, die mich in die Kaserne zurück bringen sollten. Nach ca. einer Stunde betrat ein Leutnant die Polizeiwache und brüllte mich an, wenn ein Vorgesetzter den Raum betritt hätte ich sofort aufzustehen und  Meldung zu machen. Also setzte ich meine Mütze auf, nahm Haltung an und klopfte meinen Spruch, Soldat Müller vom vierten Transportbataillon. Er schnautze weiter rum, was haben wir denn im Suff wieder ausgefressen. Erstaunt sah ihn der Polizeioffizier der im Raum war an und sagte Genosse Leutnant kommen sie mal bitte mit, beide verließen den Raum. Nach 5 Minuten kamen beide wieder in das Zimmer. Lustlos nahm ich Haltung an, der Leutnant sagte barsch zu mir, scheren sie sich auf den Lkw, ich komme gleich nach. Unten warteten der Rest der Kettenhunde auf mich, zeigten auf den Lkw und sagten los hoch. Dann kletterten sie nach. Oben saßen schon 5 Soldaten die die Militärstreife irgendwo aufgegabelt hatte. Ich hatte Glück, meine Kaserne fuhren sie zuerst an. Beim runterspringen vom Lkw verlor ich meine Mütze, anstatt sie mir runter zu werfen, behielten die Kettenhunde die Mütze, nur Idioten. Die Wache wusste schon bescheid, die Polizei hatte beim OvD angerufen und der hatte es durchgestellt.Am nächsten Morgen musste ich zum Major bericht erstatten. Er meinte, Müller was treiben sie sich auch in solchen Lokalen herum, gehen sie zu Uffz. Graichen eine neue Mütze ausfassen. Damit war die Sache erledigt. Was aus dem Verletzten geworden ist habe ich nie erfahren.                                                     Mit der Aufteilung auf die Stuben der anderen Diensthalbjahre kam eine neue Aufgabe auf uns zu, das Essen fassen. Normalerweise gehörte Essen zur Dienstzeit und Dienst war Pflicht. Nur stand es dem E und dem Vize nicht an zum Essen zu marschieren. Die meisten Offiziere akzeptierten das auch. Nur wenn der Major anwesend war mussten die E’s mit zum Frühstück und Abendbrot traben. Ansonsten mussten wir Springer das Essen mitbringen. Die normalen Soldaten die in der Küche arbeiteten hatten damit auch kein Problem und steckten das Essen uns zu. Nur wenn der Küchenbulle die Essenausgabe persönlich überwachte, versuchte er dieses zu verhindern und brüllte rum, das dritte Diensthalbjahr soll sich sein Essen selber holen, die wissen ganz genau das ihr tun gegen jegliche Dienstvorschrift verstößt. Besonders interessant war das Essen holen Sonntag früh. Sonntags gab es für jeden ein Stück Kuchen extra, zumindest theoretisch. Denn oftmals reichte der Kuchen nicht für alle. Aber die E`s waren ganz geil auf dieses Stückchen Kuchen und den Kakao den es dazu gab. Eines Sonntags morgen hatte Lutz früh den Anschluss verpasst. Denn die Uffze. waren Sonntags zu faul uns zum Essen zu führen. Jedenfalls waren zwei Drittel des Kuchens schon aufgeteilt als er kam und es standen noch etliche Soldaten vor ihm. Er zitterte vor Aufregung am ganzen Körper und drängelte sich vor. Ich rüttelte ihn und sagte, Lutz es ist nur Kuchen. Er war wie weggetreten und murmelte vor sich hin, die machen mich fertig, die machen mich fertig. Da wurde es mir wieder mal bewusst, die schlechtesten E`s hatten wir nicht auf dem Zimmer.


Das wahre Kompanieleben


 Das tägliche Soldatenleben war immer ein Kampf und jedem Neuen in der Truppe viel er besonders schwer. Einerseits wollte man sich nicht erniedrigen lassen aber die Dunstkreise der Anderen auch nicht stören. Das Spagat musste jeden Tag neu vollzogen werden. Heini meinte zu dem Thema, ehe ich so einem Uffz. in den Arsch krieche mache ich lieber beim E die Stube sauber. In zwei drei Wochen kommen wir sowieso zu denen aufs Zimmer und spätestens dann müssen wir uns unterordnen. Kempe meinte da hast du irgendwo recht, solange sie uns nicht erniedrigen passt das schon und in einem Jahr sind wir die E`s. Eines Abends ging die Türe auf und einer von den Gefreiten stand im Zimmer und löffelte rum, los zwei Mann mitkommen, Bude sauber machen. Es wurde ruhig auf unserem Zimmer, jeder schaute jeden an. Der Gefreite meinte, na wird’s bald oder soll ich andere Seiten aufziehen, da könnt ihr den Gefreiten Ritter mal kennen lernen. Steiger, Andreas  erhob sich von seinem Bett und ging auf Ritter zu und sagte zu ihm, ehe wir dich kennenlernen möchte ich mich bei dir erst einmal vorstellen. Mein Name ist Steiger und von Beruf bin ich Stahlwerker im Freitaler Edelstahlwerk und wenn du nicht zu siehst das du aus dem Zimmer kommst trete ich dir in den Hintern, das dir hören und sehen vergeht. Ritter wurde blass und schrie, du Springschwein du hast absolute Höhe. Andreas machte die Stubentüre auf und sagte nur, raus! Ritter rannte hinaus, um zwei Minuten später mit Verstärkung in der Stube zu stehen. Guido meinte alleine traut er sich nicht der große E. Ritter fing wieder an rumzuplärren. In seiner ruhigen Art meinte Frank Spielvogel zu ihm, du wir wissen das wir bald aufgeteilt werden und dann sowieso die Arbeit machen müssen, aber niemals in dieser Tonart, das könnt ihr vergessen. Über eine Stunde diskutierten wir am Ende hatten wir einen Kompromiss gefunden. Wir erklärten uns bereit auf drei Zimmern zweimal wöchentlich zu bohnern und zu keulen aber nur wenn jegliche Schikane ausbleibt und die Uffze. mussten uns vom Halse gehalten werden. Als Werner mitbekam was lief, flippte er aus. Die E`s holten ihn wieder auf den Boden der Tatsachen.
Als erster von unserem Diensthalbjahr bekam Chalerie 2 Tage Urlaub. Es war ein Sonderurlaub, er musste wegen dringenden Familienereignissen nach Hause. Er kam Sonntag spät nachts wieder und hatte ganz schön Schlagseite. Erstaunlicher Weise wurde nur ich munter als er in der Stube rumpolterte. Er packte zwei mittelprächtige Schnapsflaschen auf den Tisch. Sofort war ich hell wach. Prima  dachte ich, da nimmst du erst einmal einen kräftigen Hieb und schaut mir die Flaschen an. Es war eine Wodkasorte die es nur im Intershop gab. Ich setzte die Flasche an und wollte einen Hieb nehmen. Chalerie versuchte sie mir wieder wegzunehmen und lallte dabei irgendetwas unverständliches. Wie ich den ersten Schluck in den Rachen laufen ließ, dachte ich jemand hatte Feuer in meinem Rachen gemacht. Im hohen Bogen spuckte ich das Zeug wieder aus und rang nach Luft. Chalerie lallte Primasprit 89 % Alkohol. Uh, da hatte ich noch einmal Schwein gehabt, das hätte auch anders enden können. Am nächsten Abend mischten wir das Teufelszeug mit Cola und siehe da das Zeug bekam Geschmack.
Eines Nachts es war schon nach Mitternacht ging die Alarmsirene los die uns jeden Morgen mit ihrem hässlichen, durch dringenden Ton weckte. Wir fuhren hoch und wollten gerade aus dem Bett springen. Nur unser Soldat Massi schlief noch schön und was wir sahen haute uns doch aus den Betten. Unser lieber Lutze machte im Schlaf das Geräusch der Sirene nach und hatte uns damit geweckt. Chalerie polterte los, der muss doch wohl spinnen uns zu wecken und schupste ihn unsanft aus dem Bett. Ganz verdattert schaute er uns an. Als wir es ihm erklärten, schüttelte er ungläubig den Kopf, na wer weis von was er geträumt hatte. Am Morgen lachten wir über die Geschichte. Ganz entspannt unterhielten wir uns noch einmal darüber bevor wir zum Frühstück raustreten mussten. Guido meinte, was es so alles gibt, wenn du das mal später deinen Kindern erzählst glaubt dir keiner das. Thomas Kuchta schaute Guido an und fragte ihn, sag mal kann das sein dass du ein Sorbe bist? Erstaunt schaute ich Thomas an, Guido sagte ja. An was hast du denn das gemerkt, er spricht doch Deutsch wie du und ich? Wenn du in der Region wohnst, hörst du es am Dialekt.
An diesem Abend machten die E`s noch mal Stress. Einer von den Tankerfahrern war der Meinung ich sollte mal kurz vor ihrem Zimmer kehren. Ihm  wäre die Zuckertüte runtergefallen und wenn ich gerade hier vorbei lief. Gestresst meinte ich, kehr den Dreck doch selber weg, ich habe genug mit meinen E`s zu tun. Keine 5 Minuten später kam die Retourkutsche. Die Stubentür ging auf der UvD trat ein. Es war Uffz. Beetz einer von den neuen Unteroffizieren und sagte zu mir, Soldat Müller mitkommen Toilette reinigen vorne bei den Tankerfahrern. Ich schnappte mir Eimer, Schrupper und Scheuermittel und zog los. Die Toilette war gesäubert. Schnell wischte ich noch einige Ecken nach. Irgendetwas stimmte nicht. Ich bat den UvD die Reinigung von der Toilette zu kontrollieren. Beetz meinte in Ordnung Müller, die Toilette ist clean. Keine 5 Minuten später ging die Tür auf, der Gefreite kam rein, Müller du Drecksau das nennst du sauber gemacht, ich werde dir helfen. Komme sofort mit oder ich mach dir Beine. Ich trabte ihm hinter her und dachte bloß gut dass der UvD die Toilette abgenommen hatte. In der Toilette sah es aus, er hatte einen Eimer Unrat auf den Fußboden gekippt, in ein Klobecken geschissen und nicht gezogen. Das kannst du selber wegmachen sagte ich zu ihm, ich denke nicht daran so eine Sauerei wegzuräumen. Er meinte, Müller du hast wohl Höhe und rief den UvD. Ich sagte sofort zu Beetz, sie haben ja die Toilette vorhin abgenommen, ich weiß nicht was der Gefreite will. Das stimmt, meinte er und ging in die Toilette. Tja, Gefreiter Domaschke da haben sie wohl ein Problem. Ich sagte zu dem Gefreiten, du bist so etwas von dumm und ließ ihn stehen. Ich sah noch wie der Gefreiter auf das Zimmer der Tankerspringer ging und dachte so bei mir, solch ein Primitivling hat das Abitur. Aber das sollte nicht meine Sorge sein.
Dann war es soweit, wir wurden aufgeteilt. Ich hatte wirklich Glück, erst einmal waren die EK`s  ganz vernünftige und wir waren drei vom ersten Diensthalbjahr die auf das neue Zimmer kamen, das macht es leichter. Meine beiden anderen Mitstreiter waren Andreas Kempe und Thomas Kuchta. Andreas war wie ich Dresdner und kam aus dem Stadtteil Johannstadt, Thomas kam aus dem kleinen Örtchen Bischheim - Häslich aus der Nähe von Kamenz. Beide waren Abiturienten und wollten Arzt werden. Andreas war ein ruhiger Patron und ein  umgänglicher Typ. Ganz so einfach war Thomas nicht, er war sehr stolz und es viel ihm sichtlich schwer sich unter zu ordnen. Einmal sagte er zu mir, wenn ich E bin sollen es die Springer einmal besser haben. Ich lächelte darüber und meinte, das glaubst du wohl selber nicht. Er war sofort eingeschnappt und widersprach, ich werde niemand schikanieren. Das es bei den E`s auch Idioten gab lag auf der Hand aber auf unserem Zimmer schikaniert uns niemand und der dümmste Soldat war allemal noch besser wie Uffz. Werner. Wir quatschten noch eine ganze Weile über dieses Thema. Superempfindlich war Thomas was sein Familienname betraf. Er wurde richtig giftig wenn jemand ihn verunstaltete. Oftmals war ich der Jemand. Bei der Armee gab es nun mal keine Samthandschuhe. Ein Kumpel war Thomas allemal, das man über gewisse Dinge verschiedene Ansichten hatte war eigentlich das Normalste auf der Welt. Außerdem war Thomas der Stubenjüngste, in unserem Alter machten zwei Jahre schon einiges aus.
Für mich wurde das Leben sogar etwas ruhiger nach dem wir aufgeteilt wurden. Ich musste nicht mehr soviel heizen. Wenn der Heizer wollte dass ich mit in die Heizung ging, musste er bei meinen E`s nachfragen und da kam es schon mal vor das sie nein sagten. Die Zimmerbelegung setzte sich zusammen aus vier E`s, drei Vizen und drei Springern. Das sagen unter den E`s hatte in erster Linie der Gefreite Caspar er war der Stubenälteste, Gruppenführer war Uffz. Graichen. Eines Abends sagte Caspar zu uns, wer sich freiwillig zum Bier holen meldet, der brauch heute keinen Stubendienst zu machen. Alkohol in die Kaserne einschmuggeln stand unter Strafe, wer erwischt wurde konnte mit Urlaubs und Ausgangssperre rechnen. Wir schauten uns an, Andreas wollte wissen, wie die Sache abläuft. Caspar erklärte es und meinte vor den Uffzen. braucht ihr keine Angst zu haben, die saufen selber.  Nach kurzen nachdenken sagte ich, ich bin dabei. 20 Uhr ging’s los, wir waren vier Mann,  die beiden E’s Neubert, Niemitz sowie Heini und ich. Neubert sagte, Angst braucht ihr keine zu haben, ihr müsst nur das machen, was wir euch sagen. Er erkläre es noch einmal. Jeder holt Bier ausschließlich für sein Zimmer. Am Schutzwall vom Pistolenschießplatz machen wir über die Mauer, da kommt man am einfachsten drüber. Schaut genau zu wie ich auf den Stacheldraht trete, dann kann nichts passieren. Zuerst ich dann ihr beiden und zum Schluss Niemitz. Sollte die Wache zufällig vorbeikommen, bekommen die zwei Flaschen Bier, wenn wir wieder zurück sind. Er drückte Heini und mir in jede Hand ein Teil 1. Nur war da kein Sturmgepäck drinnen, sondern 20 leere Granaten ( Bierflaschen ). 11 Stück unten 9 Stück umgedreht aufgesteckt, so war jedes Teil bestückt. Als ob so ein Teil genau für 20 Flaschen gemacht wäre. Bekleidet mit unseren Trainingsanzügen zogen wir los.  Vom Wall aus machte Neubert einen riesigen Schritt und schon stand er auf der  2 Meter hohen Mauer, geschickt kletterte er über den auf der Mauer befestigten Stacheldraht  und sprang in die Tiefe. Schnell reichten wir die acht Teile rüber und kletterten hinterher. Wir huschten an der Mauer lang, weiter ging es durch ein Garagengelände. Niemitz sagte hier müssen wir aufpassen, auch Buckels haben hier ihr Auto stehen. Nach ungefähr einem Kilometer waren wir am Einarmigen einer Gaststätte angelangt. Neubert meinte wir sind da und klopfte von hinten an eine Fensterscheibe. Der Wirt lebt nicht schlecht von unserem Umsatz, hier geht das ganze Bataillon hin. Das konnte ich mir vorstellen, wir alleine holten ja schon 160 Flaschen. Der Wirt öffnete das Fenster und sagte, gebt mir die Taschen gleich hier rein, drinnen sitzen Offiziere. Dann brachte er jeden ein Glas Freibier. Wir machten uns auf den Rückweg und kamen komplikationslos an der Mauer an. Das überwinden dieser war das Schwierigste an der ganzen Aktion. Neubert machte es vor. Der Stacheldraht  war an 50 cm langen Eisenstäben befestigt, die schräg von der Mauer weg zeigten, in Richtung Straßenseite. Neubert sprang hoch und fasste mit beiden Händen zwischen den Stacheldraht  und hielt sich an den Eisen fest. Anschließend in einem Zug drückte er sich mit einem Bein von der Mauerweg, das andere Bein schwang  er über den Stacheldraht und fasste gleichzeitig mit der einen Hand ebenfalls um den Draht, um sich wieder an den Eisen fest zu halten. Den Schwung ausnutzend zog er das andere Bein und die andere Hand nach und stand so wieder auf der Mauer und dem Draht. Schnell reichten wir ihm die Teile rüber. Anschließend mühte ich mich über die Mauer. Bei mir sah das bestimmt nicht so elegant aus. Beim Nachziehen des zweiten Beines streifte ich den Stacheldraht und riss mir ein großes Dreiangel in die Hose, direkt an der Wade. Das war natürlich ärgerlich. Während Andreas und Thomas noch beim Stubenreinigen waren, flickte ich erst einmal die Hose. Es sah bescheiden aus, auf alle Fälle musste ich mich mit dieser geflickten Hose vor dem Major in acht nehmen, vielleicht konnte ich sie einmal tauschen. Danach griff ich doch noch zur Bohnerkeule, es war mir einfach zu dumm den Beiden nicht zu helfen.
Jetzt wo man bei den E’s auf dem Zimmer war, sah ich vieles entspannter und man hatte auch mal einen Blick für jenseits der Kompanie übrig. Die EK – Bewegung war auf alle Fälle lockerer wie die A – Kompanie, wenn man sich an die ungeschriebenen Regeln hielt. Kein dummer Unteroffizier der einen Sackgang bereitete, rum schrie oder einen andersweitig auf den Beutel ging. Wie ich so über den Kasernenhof schlenderte und in die Verkaufsstelle wollte, sagte jemand zu mir, hallo Thomas hast du dich eingelebt? Ich trete mich um, da stand Volker Richter. Volker wohnte im gleichen Hof wie ich, war genauso wie ich Jahrgang 59 und der Einzige von ca. 20 Kindern aus dem Hof, der in eine andere Schule ging. Das machte ihn in unseren Augen zum Sonderling, wir spielten selten mit ihm. Dazu kam noch das ich ihm einmal beim Spielen im Sandkasten die Sandschippe auf die Stirn gezimmert hatte. Was eine deftige Platzwunde bei ihm hinterließ und mir eine Woche Stubenarrest einbrachte. Das war natürlich nicht dienlich für eine große Kinderfreundschaft. Aber jetzt freute ich mich ihn zu sehen. Er war Vieze und diente in der zweiten Kompanie.  Zu meiner großen Überraschung entdeckte mich noch einen weiteren Bekannter, der im Sanitätsbataillon diente. Es war Frank Körting, er ging 10 Jahre bei mir in die Parallelklasse. Auch er war Vize.

Der Makenball


Um Unteroffizier zu werden musste man sich mindestens 3 Jahre zur Armee verpflichten. In aller Regel ( mindestens 95% ) besuchten die Unteroffiziersschüler während ihres ersten Dienstjahres für ein halbes Jahr die Unteroffiziersschule. Das war eine harte Schule, körperlich eine anstrengende Ausbildung. Aber ein Unteroffiziersschüler war ja gerade 18 Jahre, da steckte man solche Strapazen weg. Der geistige Stress muss dagegen an manchen Schulen um ein Vieles höher gewesen sein. Die Schüler wurden richtig heiß gemacht, als ob der Klassenfeind hinter jedem Busch lauerte. Bei Wachbelehrungen wurden immer besondere Vorkommnisse während des Wachdienstes aus der ganzen Republik ausgewertet. Unteroffizierschüler hatten sich gegenseitig beschossen, weil es im Busch geraschelt hatte. Der nächste Wachposten schoss zurück, weil er dachte er wird beschossen. In einer anderen Unteroffiziersschule hatten sie die Postfrau vom Rad geschossen,  wie durch ein Wunder wurde sie nur  leicht verletzt. Diese Vorkommnisse zeigten die  wahrhaftigen Zustände auf, die an den Schulen herrschten und warfen ein schlechtes Licht auf die Armee. Ging so ein Schnürsenkelgefreiter in den Urlaub oder in den Ausgang, war das für den wie ein Spießrutenlauf solange er die Uniform an hatte. Er wurde zur Zielscheibe des Gespöttes der Soldaten und Gefreiten. In der Hierarchie standen sie auf der untersten Stufe. Kamen sie dann zur Truppe mussten sie sich den Respekt erst verdienen. Bei uns auf der Kompanie schafften das gerade mal 50 Prozent. Waren sie frisch von der Schule wurden sie von den E`s auf den Kompanien erst einmal auf den Boden der Tatsachen  geholt. Auf Hilfe von ihren älteren Kameraden konnten sie nicht rechnen. Die waren froh, wenn sie ihre Ruhe hatten. Am besten kamen die zurande, die sich mit den E`s arrangierten. Wollten sie eine gute Gruppe haben  waren sie auf die Erfahrungen der Soldaten und Gefreiten angewiesen. Und die E`s wiederum konnten mit Hilfe der Unteroffiziere das erste Diensthalbjahr besser Maßregeln, vor allem während der Zeit der A – Kompanie   ( Ausbildungskompanie ). Da hatten sie keinen direkten Zugriff auf die Springer.
Eines Abends nach Dienstschluss erklang die Drillerpfeife, Uffz. Werner brüllte in einer halben Minute erstes Diensthalbjahr  raustreten in Dienstuniform. Fix zogen wir uns um und standen ein halbe Minute später auch in Dienstuniform draußen. Eigenartiger Weise standen die E`s und die Viezen auch auf dem Flur und schauten sich das an. Nach dem Werner stichprobenartig die Anzugsordnung überprüft hatte, trillerte er erneut mit der Pfeife und brüllte erstes Diensthalbjahr wegtreten und in einer halben Minute in Ausgangsuniform antreten. Diesmal schafften nicht alle die Zeit und es hagelte die ersten Arbeitsverrichtungen außer der Reihe, bohnern bei den E`s und war man erst einmal auf den Zimmern, ging es richtig rund. So ging es fortlaufend, raustreten in Freizeitsachen, Unterwäsche, Schlafanzug und so weiter. Die Kompanie hatte bis auf uns ihren Spaß beim Maskenball. Bis jetzt lag ich immer ganz gut in der Zeit, bis es hieß Vollschutz. Da ich nicht die Ausbildung auf dem Drosselacker mitgemacht hatte, war das Neuland für mich. Logischer Weise schaffte ich die Zeit nicht. Uffz. Werner vergab dafür Zensuren, so erhielt der Maskenball etwas Offizielles. Die die Note 5 erhalten hatten mussten in Vollschutz einmal um das Gebäude rennen und dann ging das alles wieder von vorne los. Beim zweiten Versuch war meine Zeit schon besser, aber ich hatte die Note 3 knapp um eine Sekunde verfehlt. Diesmal sollten wir 5 Runden um das Gebäude rennen. Nach der dritten Runde wurde Soldat Kummer schlecht. Er bekam die Kurve nicht, rannte gegen die Hauswand und brach zusammen. Dumm wie Werner war hatte er nicht beachtet, dass der Bataillonschef  noch in der Kaserne war und der hatte das ganze Theater von seinem Fenster aus gesehen. Er kam gerade dazu als wir Soldat Kummer wieder aufrichteten und sagte zu mir, nehmen sie dem Soldaten die Gasmaske ab. Das Gleiche gilt für alle. Als wir unser Schnuffis abgenommen hatten, verlangte er Bericht. Den bekam er und ging gleich mit uns im Anschluss auf die Kompanie. Sosehr die E`s diese Aktion erfreute hatte, umso verärgerter waren sie, das Werner es wieder versaubeutelt hatte. Nichts war mit den Arbeitsverrichtungen außer der Reihe.
Der Maskenball war der Auftakt zur Ausbildung auf der Sturmbahn. Auf dem ersten Blick war das Ding äußerst Respekt einflößend, das meiste Düsensausen hatte ich vor der Eskaladierwand. Werner war wieder in seinem Element, als Vorturner war er gut genug. Es sah spielerisch aus wie er die Wand überquerte. Er meinte passt auf die Technik auf und er hatte recht. Was ich in der GST Ausbildung nie geschafft hatte, machte ich mit links. Gewusst wie und es war ein Kinderspiel. Auf der Sturmbahn war ich immer mit bei den Besten, egal ob mit oder ohne Gasmaske.
Am nächsten Sonntag hatte Werner UvD, 20.00 Uhr ließ er uns auf dem Korridor antreten. Die E`s streuten P3 auf den Flur, kanadischer Winter war angesagt. Sie schlossen gleich einen Wasserschlauch im Bad an und ließen das Wasser in den Gang laufen. Die nächste zwei Stunden verbrachten wir mit scheuern, wischen und trocken des Flures. Das große Erwachen kam am nächsten Tag, das Wasser war durch die Decke eine Etage tiefer gelaufen. Werner war wieder fällig. Er machte sich nun einen Kopf oder wie wir zu sagen pflegten, eine Platte was der Major mit ihm machen würde, bei den E`s hatte er sowieso verspielt. Scholz, Frank den wir Chalerie getauft hatten sagte zu Werner, die Platte hättest du dir eher machen müssen, du alter Plattenschrank. Werner wollte aufbegehren, wir lachten ihn aus und er hatte seinen Spitznamen weg, Plattenschrank.
So dumm wie Werner war nicht jeder Unteroffizier, es gab auch pfiffige darunter. Einer von ihnen war Uffz. Hoffmann, genau genommen war er auch ein EK. Er hatte noch ein halbes Jahr zu dienen und bekam die Planstelle Hauptfeld von Fähnrich Guse übertragen. Damit hatte er eine Schlüsselstellung auf der Kompanie erobert. Denn schließlich wollte jeder einmal in den Ausgang oder in den Urlaub und das lief nun über seinen Schreibtisch                           Eine Woche noch sollte sie dauern die Grundausbildung, dann begann die Fahrschulausbildung. Wir bekamen symbolisch die Waffe überreicht. Zur feierlichen Übergabe hatten sie extra den alten Batailloner ausgekramt. Der war schon lange Rentner und rannte ganz aufgeregt am Tag der Übergabe vor uns auf und ab. Immer wieder versuchte er Zuhörer für seine alten Kamellen  zu finden. Mit Tränen in den Augen überreichte er jedem einzelnen die Waffe und wir sagten dazu unseren Spruch auf: Ich diene der Deutschen Demokratischen Republik. Am nächsten Tag rückte die Kompanie zum schießen ab. Die E´s schossen mit unseren Waffen, so sparten sie sich das Säubern ihrer Waffen. Bevor der Abschlussmarsch begann mussten wir noch den Dichtigkeitstest für die Gasmaske mitmachen. Die E`s versuchten uns mit Greuelmärchen die Taschen zu füllen, was da alles schon passiert wäre. Für den Test wurde eigens auf dem Kaserenenhof ein Zelt aufgebaut. Dieses wurde mit Tränengas gefüllt. Der Test dauerte ungefähr ein viertel Stunde, dann konnten wir das Zelt wieder verlassen. Die E`s hatten für das Zelt die makabere Bezeichnung Cafe Eichmann. Wehe dem, der die Bezeichnung im Beisein eines Vorgesetzten brauchte. Jetzt stand nur noch der Abschlussmarsch an, keiner wusste genaues. Das war eigentlich das Aufregendste, denn der konnte 20, 30 oder noch mehr Kilometer lang sein. Wir traten am vorletzten Tag der Grundausbildung mit dem kompletten Sturmgepäck an, also Teil 1 und 2, Gasmaske und den Jumbo oben aufgeschnallt. Dazu die Kaschi, Seitengewehr, samt  Munition. Ich musste an die Worte vom Gefreiten Neubert denken: Ein deutscher Soldat stirbt nicht durch die Kugel, er schleppt sich zu Tode. Aber ich muss sagen durch das Sturmkoppel wurde die Last ganz gut verteilt und der Marsch war nur 10km lang, es war eher eine erträgliche Sache.



Donnerstag, 14. April 2011

Kleiderordnung, Sprachgebrauch, Niedertracht und Gemeinheiten

Was man schon vor der Armee leise geahnt hatte, bewahrheitete sich ganz schnell. Wenn Freunde von der Armeezeit erzählten, im Urlaub oder nach ihrer Dienstzeit, klang das Erzählte wie aus einer anderen Welt herüber. Inzwischen konnte ich sagen, es klang nicht nur so, es war wirklich eine andere Welt. Das zeigte sich im ganzen Lebensbereich aber am Meisten im Sprachgebrauch. Es gab Bezeichnungen, welche durch irgendwelche Dienstvorschriften geregelt waren und es gab welche im täglichen Sprachumgang der Soldaten und Offiziere untereinander. Mitunter waren die Übergänge fließend. Aber fangen wir mit der Kleiderordnung an. Die unterschied sich grundlegend in die Sommer und Winteruniformen.
Die Sommeruniform gliederte sich wie folgt:
Dienstuniform               Ausgangsuniform
Die Dienstuniform war zweiteilige Uniform in Feldgrau. In die Jacke der Dienstuniform wurde eine Kragenbinde eingeknüpft, die täglich gewechselt werden musste. Das wurde zumindestens während der Ausbildungszeit kontrolliert. Wer es vergessen hatte sie zu wechseln wurde mit wenigstens einer Arbeisverrichtung außer der Reihe bestraft. Zur Dienstuniform gehörte ein graues Käppi in Form eines Schiffchens.  Dazu kam der ebenfalls zweiteilige Kampfanzug in der Tarnfarbe Grün (Ein Strich – Kein Strich) aus dünnem Baumwollstoff, ein paar schwarze Lederstiefel und ein graues Koppel. Auf der Koppelschnalle war das Emblem der DDR eingestanzt. Die Stiefel mussten täglich geputzt werden, die Brücke auf der Sohle ebenfalls.
Zur Ausgangsuniform gehörte eine Schirmmütze, ein Ausgangshemd, bzw. Bluse mit Binder, eine Ausgangshose und Jacke sowie die obligatorischen Schuhe aus Schweinsleder.
Im Winter kam zu der Ausgangsuniform noch ein Mantel und Stoffhandschuhe und eine Fellmütze.
Die Dienstuniform im Winter war die Gleiche wie im Sommer. Als Kopfbedeckung  trug man eine Kunstfellmütze im „freundlichen“ Mausgrau. Schuhwerk und Koppelzeug waren gleich mit der Sommeruniform. Dazu kam noch eine zweiteilige Wattekombi in Grün.
Für Arbeiten an den Fahrzeugen oder andere schmutzige Tätigkeiten gab es die Schwarzkombi. Das allerwichtigste Kleidungsstück waren die Hosenträger. Die waren soetwas von stabil, da konnte man auch seinen ganzen Frust ranhängen.  Begriffe in der Soldatensprache waren oftmals Unterschiedlich in den einzelnen Kasernen ohne dass der Sinn entstellt wurde. In der nachfolgenden Tabelle werden einige Begriffe erklärt. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit .

Soldatensprache

A
Abfahrt
Wegtreten
Abseilen
sich vor einer Arbeit drücken
Äppelklauerhosen
Reithosen ausschließlich für länger dienende Berufssoldaten und Offiziere
Affenschauke
Schützenschnur
Anschnitt
Ritual des dritten Diensthalbjahres zum Maßbandanschnitt 150 Tage vor der Entlassung
Asche
Umgangssprachliche Bezeichnung für die Armee ( Ich muss zur Asche )
Atombrot
Brot in Dosen für den Ernstfall
Atomino
selbstgebastelter Tauchsieder aus dem Behältnis für Klarsichtscheiben der Gasmaske.Waren streng verboten, da es zu tödlichen Unfällen kommen konnte, aber sehr gebräuchlich.
Aufkeulen
freiwilliges verlängern der Dienstzeit
Auf/ Abmumpeln
laden /entladen des Magazins mit Patronen

B

Bandmaßspringer
Soldaten die mit 27 Jahren zur Armee gezogen worden, da sie nur 6 Monate zur Arme gingen vereinten sie erstes und drittes Diensthalbjahr
Bärenfotze
Wintermütze der NVA
Batailloner
Bataillonschef

Batzen
Offizier
Bau
Gefängnis in der Kaserne
Blick zur Sonne
den Soldaten des dritten Diensthalbjahres anschauen dürfen oder andere sinnlose Belobigungen
Brandig
Durstig
Brennen
einen Trinken
Buckel
Offizier
Bunafett
ausgelassenes Schweinefett in der Kantine
Bunker
Gefängnis in der Kaserne

C

D
Dachs
Stinkedachs – zweite Diensthalbjahr
Das Kronentor sehen
bedeutete Fensterputzen für das erste Diensthalbjahr, der EK wollte das Kronentor vom Dresdner Zwinger sehen
Dienetod
mindestens 3- jähriger Berufsoldat
Drei Weltmeere
Waldmeer, Sandmeer, kann nicht mehr

E
E
drittes Diensthalbjahr
           Einstrich – Keinstrich
           grüne Dienstuniform mit kurzen braunen Streifen
Einzig wahrer E in seiner unendlichen Güte und Weisheit
Lobgesang eines Soldaten des dritten Diensthalbjahres aus sich selbst
Eisenschwein
veralteter Schützenpanzerwagen
EK
drittes Diensthalbjahr
EK – Kugeln
Ritual der EKs, eine Eisenkugel wird über den Gang gerollt
E-Ration
Eiserne Ration / Notverpflegung, Teil des Sturmgepäcks. Kekse die im Mund aufquollen
EU
Erholungsurlaub- dem Soldaten standen pro Monat Dienstzeit ein Tag Urlaub zu, der
wurde gedrittelt. Machte pro halbes Jahr 6 Tage. Diese wurden wiederum unterteilt in
4 Tage( EU ) 2 Tage ( KU ) Darüber hinaus konnte Sonderurlaub gewährt werden ( SU )

F
Fromser
Schutzanzug gegen atomaren, biologischen und chemischen Waffen
G

Gefechtsschlampe
liederlicher Soldat
Granaten
0,33 l Bierflaschen / kurz und gedrungen
Gurkenschalen
Umrandung der Unteroffiziersschulterstücke
GUvD
Gehilfe des Unteroffiziers vom Dienst
GOvD
Gehilfe des Offiziers vom Dienst

H
Hängolin
angeblich im Tee beigemischtes Trieb hemmendes Mittel
Höhe haben
unerwünschte, verbotene Dinge machen

Hüpfer(sächsisch Hüpper )
erstes Diensthalbjahr

I

Ich diene der Deutschen Demokratischen Republik
vorschriftsmäßige Erwiderung bei einer Belobigungen und Auszeichnung.Wurde oft ironisch verwendet, z.B. bei Bestrafungen

J
Jumbo
Schutzanzug gegen atomare – biologische und chemische Waffen

K
Kameradenbetrüger
großen braunen Trinkbecher der Soldaten
Kanadischer Winter
Schikane des ersten Diensthalbjahres – weißes Scheuermittel ( P3 ) das über Schränke Tisch und in den Flur gestreut wurde. Im Anschluss wurde Wasser darüber gekippt. Dann wurde gescheuert bis alles glänzte.
Kaschi
Kalaschnikow, Maschinenpistole der NVA
KDL
Kontrolldurchlass /Kasernentor
Keule
Bohnergerät
Komblekte/tag
Essen aus der Dose. Essen für den Ernstfall- Einmal im Monat gab es solches Essen.
Kristallnacht
Schikane des ersten Diensthalbjahres, alles was Glas und Porzellan war, wurde an den Wänden zerschlagen. Egal ob über Tischen, Schränke oder Betten.
KTP
Kontrollpunkt /Kasernentor
KU
Kurzurlaub
Küchenbulle
Chef der Küche

L
LMG
leichtes Maschinengewehr
Landser
Soldat

M
Maskenball
Schikane des ersten Diensthalbjahres
Med.Punkt  Schwester Elfriede
Arzt in der Kaserne
Mucker
Infanterist
Mumpel
Patrone
Musikbox
Schikane des ersten Diensthalbjahres- ein Soldat wurde in den Spind gesperrt. Es wurde ein 10 Pfennigstück in den Spind gesteckt. Der Soldat musste ein Lied singen. Weigerte er sich
wurde der Spind auf den Kopf gestellt.

N

O
Oma
schlauchförmiges Schaltuch das bei hohen Frostgraden über Kopf und Hals gezogen wurde, eines der praktischsten Kleidungsstücke
OvD
Offizier vom Dienst
Oswin
EK Tod

P
P3
Scheuermittel

Pickel
Sterne auf den Schulterstücken

Q

R
Resi – Reservist

S
Sackgang
Stress
Schildkröte
Schikane des ersten Diensthalbjahres, einem Soldaten wurden vier Stahlhelme an die Kniee und Ellenbogen gebunden, einen bekam er aufgesetzt. Dann wurde er über den Flur geschoben. Oft kam es zu bösen Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule.
Schnürsenkelgefreiter
Unteroffiziersschüler, wie der Gefreite hatten sie einen Querbalken auf ihren Schulterstücken, nur sah der wie ein runter Schnürsenkel   aus, in der Farbe der Waffengattung
Schnuffi
Gasmaske
Springer, Springschwein
erstes Diensthalbjahr
Spatensoldat
Waffenverweigerer, reguläre Einheit, bei Bedarf wurden auch normale Wehrpflichtige in die Truppe gezogen
Staubsauger
Schikane des ersten Diensthalbjahres, einem Soldaten wurde eine Gasmaske übergestülpt. Der Schlauch der Maske wurde vom Filter abgeschraubt. Der Schlauch wurde zugedrückt bis dem Soldaten die Luft wegblieb. Anschließend wurde der Schlauch über einem Aschebecher gehalten und das zudrücken
beendet.

T
Tage/dieb/sack
Unteroffizier
Treibhaus
Soldaten, Uffze., Offiziere die vor dem vorgeschriebenen Turnus befördert wurden
taumeln
nicht aufpassen

U

Uleu
Unterleutnant, dienten meistens 4 Jahre, war ein gut bezahlter und bei den Soldaten angesehener Posten / in der Regel waren es Abiturienten

V
V0
Verbindungsoffizier zur Staatssicherheit
VKU
verlängerter Kurzurlaub ( EU )

W

XYZ
Zwischen/schwein/hund
2. Diensthalbjahr

Zur Soldatensprache gehörten auch  Redewendungen. Die bekannteste war , der Oswin lauert überall. Mit anderen Worten der EK - Tod lauert überall. In dieser Redewendung steckte viel Wahrheit. Die Meisten die bei der Armee ihr Leben liesen, hatten es auch selber verschuldet. Gerade im dritten Diensthalbjahr war vieles zur Routine geworden. Man machte viele Arbeiten mechanisch, man wusste wie es ging und passte nicht mehr so sehr auf. Manch einem kostete es das Leben. Dieses Phänomen wurde noch durch eine gewisse Stumpfsinnigkeit bei bestimmten Tätigkeiten gefördert.  Vom ersten Diensthalbjahr an hieß es wachsam sein und mitdenken.


Offiziere auf der 3. Kompanie – und Spitznamen

Unterleutnant Leipziger – Ulei
Leutnant Luderer – Zapfenludi
Leutnant Nikolaus – Patschen
Oberleutnant Lück – der Lückenhafte
Oberleutnant Wetzel – VW
Major Roos – der Böse, Unhold, Pistolero, Lady Roos

Jeder Offizier bekam von uns seinen Spitznamen und nicht immer steckte schmeichelhaftes dahinter. Unterleutnant Leipziger war ein 4jähriger, eigentlich hätten wir Uleu  sagen müssen aber bei seinem Namen bot sich das Ulei förmlich an. Er war einer von den ruhigen Offizieren, der niemanden Stress machte und selber keinen Stress wollte. Er hielt sich so weit es ging aus Streitigkeiten und Saufgelagen raus. Er war der einzige Offizier auf der Kompanie, der auch in der Kompanie schlief. Er wird nicht älter wie ich gewesen sein. Vom Rang war er Zugführer.
Leutnant Luderer diente 25 Jahre. So alt mochte er in etwa auch selber sein. Ihm fehlte es stets und ständig an geistiger Frische. Mit einer unglaublichen Ignoranz tapste er in jedes Fettnäppchen welches auf dem Weg stand. Genau genommen taugte er bestenfalls zum Unteroffizier. Seine Sprache war ein merkwürdiges Gemisch aus verschiedenen Dialekten, werweiß wo der herkam. Sein Dienstrang war Zugführer.
Leutnant Nikolaus war ebenfalls ein Berufsoffizier und wird nicht viel Älter wie Zapfenludi gewesen sein. Seine Intelligenz  befand sich auf dem Niveau von Zapfenludi aber er war viel wacher und gerissener. Patschen war etwas größer wie ich und dicklich. Er wirkte absolut tapsig und unsportlich. Sein Gesicht erinnerte an ein Babyarsch mit zwei runden Kulleraugen. Sein Gesichtsausdruck war kindlich. Niemals hätte man etwas Böses dahinter erwartet. Aber er konnte richtig gemein werden und bösartig Stress machen. Er war für die technische Ausrüstung zuständig war.
Oberleutnant Lück war Schätzungsweise um die 40, ebenfalls Berufsoffizier. Er begleitete den Dienstrang eines Zugführers. Von ihm hieß es, er wäre der V0er. Er war ein EK – Freund und machte auch keinen Hehl daraus. Er war das Sammelbecken und die Speerspitze wenn es gegen den Major ging, das hatte was Menschliches und machte ihn bei uns Soldaten beliebt. Der Lückenhafte und Patschen waren befreundet und gnadenlose Trinker.
Politoffizier war Oberleutnant Wetzel. Außer der Uniform hatte er nichts Militärisches an sich. Er war um die 30 hatte aber das Gemüt eines Teenagers. Er wurde von seinen Offizierskameraden nur belächelt. Das Schönste an ihm waren die abstehenden Ohren. Auch ich hatte welche aber die von VW stellten alles in den Schatten.
Der Major, seine Spitznamen waren sein Programm, er war wirklich der oder das Böse.
Das einzig Menschliche an ihm war das Böse. Er hatte auch unter den Offizieren keine Freunde, aber viele die ihm nicht wohl gesonnen waren. Von anderen strengste Disziplin und blinden Gehorsam einfordernd, war er das beste Beispiel für absolute Disziplinlosigkeit. Befehle von Vorgesetzten waren in erster Linie für ihn da, um sich darüber hinwegzusetzen. Was sie an ihm schätzten und was ihn wahrscheinlich auch zum militärischen Führer befähigte, waren sein militärischen Kenntnisse und die Fähigkeit bei Fahrübungen und Manövern  die Vorgaben exakt umzusetzen. Die dritte Kompanie war das militärische Aushängeschild des Bataillons. Wenn er menschlicher gewesen wäre, hätte man sich so einem Offizier im Ernstfall anvertrauen  können. Aber den Ernstfall hätte er keinen Tag überlebt. Es gab genug auf der Kompanie die die Kugel für ihn schon gegossen hatten.
Interessant waren auch die Streitigkeiten der Offiziere untereinander. Man wurde da teilweise förmlich mit hineingezogen. Der Hauptfeind von Major Roos war nicht etwa der Klassenfeind jenseits des eisernen Vorhangs, nein, es war Hauptmann Winkler von der 2. Kompanie. Dieses Verhältnis beruhte auf Gegenseitigkeit. Hauptmann Winkler war in mancherlei Hinsicht ein Unikum. Er war der einzige Offizier den ich kannte, der einen Bart tragen durfte ( Schnautzer).  Bei der NVA gab es Vorschriften für Haarschnitt und Frisur. Diese galten gleichermaßen für Offiziere und Soldaten und diese besagten eindeutig, Bart tragen ist nicht. Warum er trotzdem einen trug musste er ja uns nicht erklären. Wenn einer von Beiden OvD hatte, machte er sich auf in die Kompanie des Anderen und versuchte sie aufzumischen. Ansonsten war er genauso ein Grobian und fulgärer Mensch wie der Major.
Eines Tages machte der Major wieder einmal Morgenappell. Er schrie rum, wo ist Oberleutnant Lück, der hätte an dem Tag 06.00 Uhr in der Kompanie seine sollen. Jetzt war es schon 08.00 Uhr. In dem Moment ging die Tür zur Kompanie auf und der Lückenhafte erschien. Er sah total brandig aus und sagte mit trunkicher Stimme, mojn Jungs. Während Roos tobte und schrie, Oberleutnant wo kommen sie jetzt her, nehmen sie Haltung an, machen sie Meldung, lies er den Major links liegen und ging auf sein Dienstzimmer. Wir waren begeistert. Roos stürmte dem Oberleutnant hinterher. Dort hörten wir ihn aufbrüllen, dem folgte ein kurzes aber kräftiges Klatschen, dann war Ruhe. Keine Minute später ging die Tür, der Major verließ das Dienstzimmer des Oberleutnants, seine Schirmmütze hatte er in der Hand. Der Oberleutnant stand grinsend hinter ihm.
Schnell bekamen wir mit, Berufssoldaten und Berufsoffiziere waren mehrheitlich aus unterschiedlichsten Gründen in das Bataillon strafversetzt worden und solche wie Roos hatten keine Chance woanders noch Dienst tun zu dürfen. Wie hieß es doch so schön, sie durften sich bewähren. Das hatte für uns auch gute Seiten. Wenn irgendwo und irgendwie Mist gebaut wurde, versuchten es die Offiziere unter den Tisch zu kehren, damit es kein schlechtes Licht auf sie abwarf oder ihr eigenes Versagen offenlegte.